Dies domini – Vierter Fastensonntag, Lesejahr A
Bei Abfassung dieses Textes ist es erst eine Woche her, da waren Schulen und Kindergärten noch geöffnet, Restaurants konnten ganztägig besucht werden, die Kinosäle waren voll und auch in unseren Kirchen wurden Gottesdienste und Messen gefeiert. Wir hatten „damals“ etwas über 3.000 positiv auf den Corona-Virus getestete Personen in Deutschland, mittlerweile ist diese Zahl schon über 14.000 gestiegen und da von einer exponentiellen Steigerung ausgegangen werden muss, wurden in den vergangenen Tagen viele tiefgreifende Änderungen in unserem öffentlichen Leben vollzogen.
In keiner Kirche wird in den nächsten Wochen mehr eine öffentliche Messe stattfinden, in einigen Bistümern sind die Osterfeierlichkeiten schon „abgesagt“ und auch die Erstkommunionen werden nicht stattfinden können, sondern müssen verschoben werden. Verschoben auf…irgendwann. Nicht nur für die Kinder ein großer Einschnitt. Auch im persönlichen Bereich ist eine Umstellung aller Lebensgewohnheiten gefordert. Keine Freunde treffen, kein Stammtisch, kein Kurs im Fitnessstudio, kein Singen im Chor, die Eltern und Großeltern nicht besuchen dürfen. Stattdessen: zu Hause bleiben #stayathome, wenn nicht gearbeitet oder eingekauft werden muss mit nur einem Ziel: #flattenthecurve. Das ist alles, worum es aktuell geht: die Kurve so flach wie möglich zu halten, um das Gesundheitssystem nicht zum Kollaps zu bringen. Die Bilder aus Italien machen sehr eindringlich klar, was verhindert werden muss. Unbedingt. Jetzt.
Dieser Virus stellt uns vor eine Situation, die, so haben es sowohl der NRW-Ministerpräsident als auch die Bundeskanzlerin eindrücklich benannt, ernster ist, als alles andere in der bisherigen Nachkriegszeit. Die ernsteste Situation in den letzten über 70 Jahren. Jedem, dem dies gestern und vorgestern noch nicht klar war, sollte es das jetzt sein. Wenn der Satiriker Jan Böhmermann davon spricht, dass jede jetzt gegebene Hand, den Tod einer Oma bedeuten kann, ist dies sicher plakativ, das bringt sein Beruf so mit sich, aber es hat leider einen wahren Kern. Das tückische ist, dass dieser Virus eine unsichtbare Gefahr birgt.
Auch das Evangelium dieses Sonntags darf als Mahnung in unsere aktuelle Situation verstanden werden:
„Wir müssen, solange es Tag ist, die Werke dessen vollbringen, der mich gesandt hat; es kommt die Nacht, in der niemand mehr wirken kann.“ (Joh 9,4)
Warten wir nicht auf die Nacht! Handeln wir jetzt.
Aber da sind auch andere Bilder, die erstaunen (und Hoffnung machen): die Natur ist bereit sich innerhalb kürzester Zeit zu erholen. Keine Touristen, keine Kreuzfahrtschiffe, deutlich reduzierter Flugverkehr, viel Homeoffice und dadurch weniger Autonutzung: Plötzlich sind in den Kanälen Venedigs wieder Fische zu sehen, es gibt springende Delphine vor der Küste von Trient und in China ist eine um ein vielfaches verbesserte Luftqualität zu messen und zu bemerken. Vielleicht sieht so manches chinesische Kind in diesen Tagen zum ersten Mal einen blauen Himmel. Ein Anstoß über den es sich auch für die Zeit nach Corona nachzudenken lohnt.
Und auch die Solidarität untereinander – soziale Wärme bei räumlicher Distanz – nimmt stündlich zu. Es werden Einkaufsdienste organisiert für Menschen, die in Quarantäne sind oder aufgrund ihres Alters oder Gesundheitszustandes nicht selber vor dir Tür gehen können. Die oftmals älteren ehrenamtlichen MitarbeiterInnen der Tafeln werden vorübergehend ersetzt durch junge Menschen, die ihre freie Zeit durch ausfallende Schule und Uni nicht bei einem Serienmarathon, sondern im Dienst für die Ärmsten verbringen – ja, verschenken. Das macht Hoffnung; bei allen furchtbaren Nachrichten aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland, und vereinzelt auch schon aus unserem Land, gibt es ein Licht das aufscheint und ein Gefühl von noch nicht verloren sein gibt. Auch wenn wir physisch Abstand halten müssen, so gibt es doch eine Vielzahl an Möglichkeiten Zuneigung auszudrücken, gerade für die Menschen, die jetzt ganz allein sind. Schreiben wir einen Brief, rufen wir an, senden wir einen Blumengruß – halten wir Kontakt und seien wir emotional füreinander da.
Es gab wohl noch keine Zeit bisher, in der die digitalen kirchlichen Angebote so vielfältig zur Verfügung gestellt wurden wie aktuell. Wir als Katholische Citykirche machen dies schon lange – jetzt noch etwas intensiver durch das neue Format „Bei euch“. Wir sind ansprechbar für jede und jeden. Aktuell nicht vor Ort, dafür vielleicht sogar mit etwas mehr Zeit, als im Alltag. Nutzen Sie dieses Angebot!
Mit der Aussage Jesu, die dem Titel „Bei euch“ zugrunde liegt, möchte ich Ihnen eine mutvolle und vor allem gesunde Woche wünschen: Und siehe, ich bin mit Euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28,20)
Ich möchte meinen ehemaligen Dozenten für Fundamentaltheologie zitieren, der aktuell fast jeden seiner Facebookposts mit folgendem Ausspruch begleitet: „Es wird Ostern. Unaufhaltsam. Sicher. Gewiss.“ (Thomas Fößel) So ist es. Tragen wir Verantwortung für uns und unsere Mitmenschen, aber haben wir keine Angst!
Ihre Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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